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10. Mai 2007

Trendtag 2007 - zweimal die Nase plattdrücken?

Heute ist der Trendtag, ein Event des Trendbüros, das über die neuesten Trends berichtet oder sie setzt. „Karma Kapitalismus“ soll es dieses Jahr sein – der Friedensnobelpreisträger hält die Keynote.

www.trendbuero.de/index.php

Er spricht über sein Mikro-Kredit-Unternehmen, das ihn reich bleiben ließ und armen Menschen nicht mehr Wucherzinsen abnimmt. Er ist meines Wissens Moslem, nicht jeder der aus Indien kommt, glaubt an das Prinzip des Karma. In unserem Kulturkreis nennt man das wohl »Eine Gute Tat am Tag« (Pfadfinder) oder »Wenn Du Gutes tust, dann kommst Du in den Himmel.« (Christen). Ich wollte hin und versuchte über einen Freund der mit dem Veranstalter verbandelt ist, eine Eintrittskarte zu bekommen. Bei 750 Euro Tagungs-Gebühr werden nur vage definierte Beziehungen auf die Probe gestellt. Ich bekam keine Karte und erfuhr, dass es die Möglichkeit gibt, in Second life in einem virtuellen Convention Center teilzunehmen. Die Zahl ist auf 40 begrenzt, weil sich nicht mehr als 40 Avatare auf einem Stück »Land« befinden dürfen, sonst stürzen die Rechner ab, die permanent die Grafiken für alle Anwesenden berechnen müssen. Ich kam zu spät, die Plätze waren bereits vergeben. Ich suchte die »Corecon Convention Center« in den Second life Events, fand es jedoch nicht.

Für diesen Text habe ich den Plan, mir zweimal die Nase platt zu drücken. Einmal in »first live«, im Curiohaus, vom Türsteher wg. fehlender Karte des Feldes verwiesen und einmal in »second life«, dasselbe digital. Da ich den virtuellen Veranstaltungsort nicht gefunden hatte, entschied ich, mit dem analogen zu beginnen, vielleicht läßt sich dort der virtuelle Ort in seinen Koordinaten herausbekommen.

Am Curio-Haus standen viele Menschen rum, das übliche simsen, telefonieren, mit wichtigem Zeitdruckgesicht nach einem Taxi oder Gesprächspartner Ausschau halten. Eine Abfahrende fragte ich nach ihrer Eintrittskarte und sie erklärte, dass man registriert sein müsse, sie war wohl zu Stolz darauf, 375 Euro nicht im Vortragssaal abzusitzen, als dass sie mir ein Schlupfloch gewähren konnte. Drinnen dann ein nettes Büffet, leider hatte ich schon gegessen, es ging aber noch was rein. Der Second-Life Demoraum war auch ohne Karte zu besichtigen. In diesem Bereich buhlten einige Firmen (Postbank, Designklicks, Wirtschaftsbuch/Zeitungsverlage) um Interessenten. Ich konnte auf einem Laptop sehen, wie aus der Sicht des Vortragenden der Saal aussah, es waren einige Avatare zugegen, sie räkelten sich mit randomisierten Bewegungen. Das Frage- und Antwortspiel war bereits zu Ende. Ich fragte ob es besondere Vorkommnisse gegeben hätte, politische Kundgaben etc. Nein, nur empörte Unruhe im Saal, als die Videoübertragung nicht sogleich funktionierte. Man konnte in Second life First Life Video sehen. Im Grunde eine Marketingveranstaltung für diese virtuelle Welt. Das Programm war gerade abgestürzt und nach Neu-Einloggen waren es schon weniger untätige virtuelle Besucher. Der Betreiber des CCC vermietet dieses an Nutzer, die dort in von ihnen bestimmten Settings Konferenzen abhalten können. Jeder braucht nur einen PC mit der Second Life Software und einen registrierten Avatar.

Ich hatte aber noch vor, mir an der Schwelle zum Vortragssaal die Nase platt zu drücken. Ich ging zum Pressestand und meinte ich würde gerne rein und habe kein Schild, ob sie Blankoschilder hätten. Nach kurzem Überlegen wurde ich gefragt, wer ich denn sei, ich sagte »Wittenburg, NDR« und sollte noch meinen Vornamen nennen, dann war ich drin. Ich musste nicht einmal lügen. Ein junger Kulturwissenschaftsstudent, den ich bei einer Eröffnung traf, nannte das »soziales Hacking«, er schien ganz begeistert. Er hatte im virtuellen Vortragssaal gesessen und meinte, dass es eher anstrengend sei, alleine vor dem Computer mehreren Vorträgen zu lauschen. Ich hatte also den Trendtag gehackt.


Kurz zu den Vorträgen:
Die Unternehmensberatung Roland Berger gibt den Firmen die Empfehlung fortan gesellschaftliche Verantwortung zu zeigen und das nicht nur im Sinne von: Wir spenden jedes Jahr 0,01 % des Gewinns an ein Waisenhaus, sondern dass die gesellschaftliche Verantwortung in der Wertschöpfungskette wie auch in den Geschäftszielen authentisch sich wieder finden müsse. Da muss das Unternehmen dann schauen, in welchen Bereichen es in die Gesellschaft eingreift und sich diesem Bereich verantwortlich widmen. Dieser Trend erscheint mir unglaublich und wunderbar, wenn er sich denn verwirklicht. Es wird sicherlich so sein wie mit Punk - irgendwann gibt es Sicherheitsnadelklamotten bei Karstadt. Wie sich »gesellschaftliche Verantwortung« verwässern lässt, ist mir noch nicht klar. Die nächste Referentin von »Philips« redete davon, dass radikales Umdenken notwendig sei. Sie war inhaltlich sehr engagiert und witzig – nur hatte sie offenbar den Auftrag, auf jeden Fall noch auf Phillips-Produkte hinzuweisen. Für mich hinkte es, als sie einen Wecker, der mit optischen Szenarios, die an die Zimmerdecke gebeamt werden, als Umsetzung von diesem UMDENKEN anbot. Wie denn der »neue Geist« in die Produkte und Köpfe der für die Produktion Verantwortlichen finden soll, ist mir schleierhaft. Das Gejammer über die Shareholder-Value-Getriebenheit unterlasse ich jetzt mal. Auf jeden Fall, wenn es darum geht, Konzepte für gesellschaftliche Verantwortung für Unternehmen zu entwickeln, dann bin ich dabei! Sicherlich verstehe ich das alles falsch, wie den Aufruf von Beuys, das die Arbeit an der Sozialen Skulptur »Gesellschaft« fortan jeden zum »Künstler« macht. Im Grunde egal, denn Künstler war ich schon vorher...

Ich bin gespannt, eigentlich eher voller vorweg-genommenem Erschrecken, wie die Hyäne Kapitalismus den Begriff »gesellschaftliche Verantwortung« aushöhlen wird, wie Klimaschutz ein Marketing-Gag wird und wieder alles beim Alten bleibt. Ein kleines doofes Beispiel: es gab in den 80ern die schöne erste Grüne Welle: die Unternehmen dachten über unnötiges Verpackungsmaterial nach und gründeten den »grünen Punkt«, der fortan auf jedem kleinen einzeln eingewickelten Schokoladenei prangte, als Symbol für »Wir tun was!« und dann ging man zur Tagesordnung der unnützen Verpackungen und Umverpackungen über.

Aufmerksamen Lesern fällt auf, dass ich es unterließ mir auch noch die Nase virtuell platt zu drücken. Da war mir das funktionierende Familienleben wichtiger.

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