Jurierungsmodell für Hamburger Künstlerhäuser und Kunstorte
Präambel»Hamburg ist eine Kulturmetropole von internationalem Rang. Unsere Stadt ist Heimat bundesweit renommierter Sprechtheater, hat eine vielfältige Museumslandschaft, Oper und Ballett von weltweitem Ruf sowie eine pulsierende freie Kulturszene. Die Kulturschaffenden und der kulturelle Diskurs prägen das Gesicht der Stadt und begründen Hamburgs Ruf als tolerante und weltoffene Metropole.«
Hamburg im Aufwind – die Zukunft der Wachsenden Stadt gestalten, Regierungsprogramm 2004 – 2008
»Schon jetzt ist Hamburg eine energiereiche Kulturmetropole von internationaler Bedeutung: Unsere Stadt ist die Heimat renommierter Sprechtheater und einer vielfältigen Museumslandschaft. Oper und Ballett sind von Weltruf. Das Angebot der Bücherhallen ist bundesweit vorbildlich und wir haben große Orchester sowie eine pulsierende freie Kunst- und Kulturszene. Nicht zu vergessen die vielfältigen Angebote in den Stadtteilen, die Kreativität und Dialog fördern und Identität schaffen. Stadtteilkulturzentren, Geschichtswerkstätten, Musikclubs und Veranstaltungsorte tragen zusammen mit jungen Künstlern und innovativen Kunstformen zur Lebensqualität unserer Großstadt bei.«
Regierungserklärung. Rede von Bürgermeister Ole von Beust vor der Hamburgischen Bürgerschaft, 31. März 2004
Senat und Bürgermeister berufen sich gerne auf die Bedeutung der freien Kunst- bzw. Kulturszene für Hamburg als »Kulturmetropole« – gleichrangig mit den Theatern, Museen und ähnlichen Einrichtungen. Betrachtet man im Vergleich zu diesen Äußerungen die Beträge, die die Stadt für die Förderung der freien Kunst bereitstellt, zeigt sich ein eklatanter Widerspruch – die zeitgenössische bildende Kunst ist längst zum fünften Rad der Kultur Hamburgs degradiert.
Wer von der freien Kunstszene Impulse für die Stadt erwartet, bzw. gar – im Stadtmarketing – davon aktiv profitiert, steht in der Pflicht, sie adäquat zu finanzieren.
Kontexualisierung und Selbstverständnis des Jury-WorkshopAuf Initiative der Hamburger Off-Räume wurden sechs Personen (Michael Lingner, Jan Holtmann, Armin Chodzinski, Claus Mewes, Rahel Puffert, Cornelia Sollfrank) aus dem künstlerischen Feld Hamburgs eingeladen und damit beauftragt, sich im Rahmen eines Workshops mit der Problematik der Jurierung – insbesondere im Hinblick auf selbstorganisierte Kunstorte – zu befassen und einen Vorschlag für ein neues Vergabemodell zu entwickeln. Dieser Vorschlag kann aufgrund der festgeschriebenen städtischen Haushaltsplanung für die Jahre 2007/08 allein für das Jahr 2008 gelten. Zugleich können mit dem Modell aber auch Perspektiven für die Weiterentwicklung von Auswahlverfahren eröffnet werden. Es fanden insgesamt fünf Workshoptreffen statt. Die Präsentation der Ergebnisse mit anschließender Diskussion fand statt am Sonntag, 28.10.2007.
Vorgeschichte
Während die Anzahl der Künstlerhäuser und freien Kunstorte in den letzten Jahren rasant gestiegen ist, blieb das Budget für die Programmförderung dieser Orte unverändert gering. Daraus ergab sich die Situation, dass die einzelnen Orte immer stärker in Konkurrenz zueinander gerieten und der Anteil der öffentlichen Förderungen an ihrem Gesamtbudget verschwindend gering wurde. Die Alternativen, entweder die gesamte Arbeit vollständig selbst finanzieren zu müssen bzw. den Umfang der Aktivitäten erheblich zu reduzieren bzw. ganz einzustellen, scheinen in Anbetracht der Bedeutung dieser Orte für die frei Kunstszene und insbesondere auch für den Kulturstandort Hamburg wenig wünschenswert. Um diese krasse Mangelverwaltung in die öffentliche Wahrnehmung zu rücken und eine Verbesserung zu erreichen, startete die Off-Szene im Jahr 2005 massive Proteste. Die Künstlerhäuser und –orte organisierten sich, um ihre Interessen gemeinsam der Kulturbehörde gegenüber zu vertreten. Im Mittelpunkt stand die Forderung, dem gewachsenen Bedarf mit einer Erhöhung des Budgets gerecht zu werden. Die aufgrund der Proteste hin erfolgte Umschichtung von Mitteln aus der individuellen Künstlerförderung hin zur Programmförderung der Künstlerhäuser und Kunstorte ist allerdings weit davon entfernt, eine Lösung des Problems zu sein, sondern trägt lediglich zu einer Verschiebung der Unterfinanzierung in Richtung künstlerischer Produktion bei.
Die von der Kultursenatorin Frau von Welck geäußerte Einschätzung, dass die Mittel letztendlich der „gleichen Personengruppe“ nutzen, basieren auf der Unkenntnis der Sachlage: Es gibt durchaus eine große Anzahl in Hamburg lebender bildender KünstlerInnen, die weder an Orten der Hamburger Off-Szene ausstellen noch sich an von der Kulturpolitik vorgegebenen Programmen beteiligen, sondern ihre Arbeit unabhängig und nur ihrem eigenen künstlerischen Profil verpflichtet entwickeln. An der oben beschriebenen Augenwischerei ist besonders bedenklich, dass dies die weitere Abwanderung einer großen Anzahl viel versprechender junger und auf Förderung angewiesener KünstlerInnen aus der Stadt zur Folge hat, die für ihre – oft internationale Tätigkeit – in Hamburg keine Grundlage mehr sehen. Für diese Personengruppe ist durch die Maßnahme der Umschichtung das gesamte Jahresförderbudget auf 35.000 EURO (für 2.500 Künstler) geschrumpft. Gleichzeitig bedeutete die Umschichtung der Mittel keine ausreichende Aufstockung der Programmförderung.
Als weiteres Zugeständnis an die Szene der Off-Kunstorte räumte die Kulturbehörde die Möglichkeit einer selbst-verwalteten Vergabe der von der Stadt Hamburg zur Verfügung gestellten Fördermittel ein. In den letzten zwei Jahren (für die Förderzeiträume 2006 und 2007) wurden mit zwei unterschiedlichen Verfahren für die Vergabe experimentiert: Im Jahr 2005 wurde mit dem Prinzip der Selbstjurierung experimentiert. Die Off-Räume waren aufgefordert, per Vergabe von Punkten die eingereichten Programmvorschläge gegenseitig zu beurteilen. Das Procedere war wenig ausgereift, weshalb es von einem Teil der Off-Räume nicht für praktikabel erachtet wurde. Von einer Evaluierung der Methode, die eine Verbesserung zur Folge hätte haben können, wurde abgesehen. Stattdessen wurde im Jahr 2006 eine externe Jury eingesetzt, die über die Mittelvergabe möglichst unabhängig entscheiden sollte. Die Jurymitglieder waren von den Off-Orten in einem nicht näher beschriebenen Verfahren bestimmt worden. Mitglieder dieser Jury waren: Armin Chodzinski, Hans Christian Dany, Belinda Grace Gardner, Olafur Gislason, Dirck Möllmann, Britta Peters, Cornelia Sollfrank. Im Verlauf des Jury-Treffens wurden bereits sehr grundsätzliche Überlegungen zu der Mittelvergabepolitik der Kulturbehörde angestellt, die teilweise in ein Schreiben an die Senatorin mündeten. Nicht nur wurden die für die über 20 Kunstorte zur Verfügung stehenden Mittel von 140.000 EUR als absolut unzureichend eingestuft, auch war unübersehbar geworden, dass die verantwortliche Zuweisung der Mittel mit diesem Verfahren quasi unmöglich ist: Nicht nur sind die zu beurteilenden künstlerischen Praktiken durch ein hohes Maß an Heterogenität gekennzeichnet, auch sind die Orte und ihre Arbeitsformen in einem Maße unterschiedlich, dass sie sich einer formalen Vergleichbarkeit entziehen. Das von der Kulturbehörde begrüßte Jury-Verfahren, die Vergabe der Mittel an eine »Expertenrunde« zu delegieren, schien aus Sicht der Off-Räume aber noch keine ausreichende und adäquate Handhabe im Umgang mit der weit reichenden Problematik darzustellen: entsprechend initiierten die Räume einen »Jury-Workshop«.
Workshop-ErgebnisseGrundsätzliche Überlegungen
Vor dem Hintergrund der Szene der Off-Orte als selbst-organisierte Zusammenhänge und der zwei bereits erprobten Jury-Verfahren sowie angesichts einer gegenwärtig veränderten Rolle der Off-Szene im stadtpolitischen Kontext haben sich die Mitglieder des Workshops grundlegend mit der Problematik von Förderpolitik und Beurteilungspraxis auseinandergesetzt. Die Ausgangsfragen des Workshops waren:
a) Wie ist das Selbstverständnis der Workshop-TeilnehmerInnen in Hinblick auf die “Szene”?
Wir sehen uns weder in der Rolle für die kulturpolitischen Vertreter ein möglichst reibungsloses Verfahren zu entwickeln und dadurch der derzeit betriebenen Kulturpolitik zuzuarbeiten (, was die Rolle der AG Bildende Kunst zu sein scheint), noch bestimmte Teilfunktionen des Aufgabenbereichs der Kulturbehörde ehrenamtlich auszuführen, ebensowenig verstehen wir uns als Sprecher oder gar RepräsentantInnen der Off-Szene.
Dennoch ist es uns ein großes Anliegen, den an uns gestellten Auftrag sorgfältig und konsequent zu bearbeiten. Selbstredend sind in die nachfolgende Konzeption unsere eigenen Erfahrungen und Positionen eingeflossen.
b) Läßt sich vor dem Hintergrund der zur Verfügung stehenden Mittel die Qualität von Programmen adäquat quantifizieren?
Da durch das geringe Fördervolumen sowieso nur ein kleiner Teil der Aktivitäten Unterstützung findet, hat sich der Jury-Workshop die Frage gestellt, ob es nicht sinnvoller sei, mit den vorhandenen Mitteln anstatt 25 lediglich zwei oder drei Orte zu unterstützen, diese aber so auszustatten, dass sie halbwegs erträgliche Arbeitsbedingungen haben. Da grundsätzlich aber die Eigeninitiative der KünstlerInnen zu begrüßen ist und viele sehr verschiedene Kunsträume besser sind, als wenige, wurde diese Idee schnell wieder verworfen. Um die Vielfalt zu erhalten, sollen möglichst alle Orte gefördert werden. Dadurch entsteht die Situation, dass sehr unterschiedliche Orte miteinander in Konkurrenz treten. Wie aber sollten zwischen einem Künstlerhaus wie der FRISE zum Beispiel und einer kleinen Galerie wie »Linda« oder gar einem Nicht-Ort wie »noroomgallery« eine Vergleichbarkeit entstehen? Kann es die allseits gewünschten objektiven Kriterien überhaupt geben, die einen transparenten und gerechten Entscheidungsprozess ermöglichen? Dazu kommt die Tatsache, dass die zur Verfügung stehenden Mittel lediglich eine Art »Anschubfinanzierung« darstellen und dadurch wenig geeignet erscheinen, tatsächlich Qualitätsunterschiede zu bewerten. Anliegen unseres Modells ist es, Vielfalt zu sichern, Konkurrenz zu minimieren, vergleichbare Verhältnisse zu schaffen und eine sinnvolle Verteilung zu erzielen. Der Vorschlag einer BASISFÖRDERUNG (s.u.) ist auf diese Überlegungen zurückzuführen.
c) Wer ist legitimiert, die Programme zu bewerten?
Aus Sicht der Workshop-TeilnehmerInnen bildet die Auseinandersetzung mit und (öffentliche) Verhandlung über die Kriterien und Grundlagen der Bewertung von Arbeitsprozessen und ihren Präsentationsformen einen wichtigen Baustein künstlerischer Praxis. Die Abspaltung und Delegation dieser immanent künstlerischen und tendenziell unabschließbaren Arbeit an scheinbar unabhängige Instanzen ist daher höchst fragwürdig und nur schwerlich zu rechtfertigen. Mit der INNOVATIONSFÖRDERUNG möchten wir deshalb all jene Vorhaben unterstützen, die geeignet sind, die Prozesse der Urteilsbildung und Bewertung wieder an die Arbeit der Kunst- und Kulturschaffenden anzubinden und letztere darin bestärken, diese Prozesse öffentlich verhandelbar zu gestalten.
Basis-FörderungVorbemerkung
Neben den genannten grundsätzlichen Erwägungen, warum ein klassisches Jurierungsverfahren insbesondere für den Off-Bereich generell problematisch ist, sprechen zusätzlich folgende Argumente ganz praktisch dagegen:
Entscheidungsgrundlage für die Mittelvergabe an die Off-Räume waren deren bloße Absichtserklärungen für ein künftiges Veranstaltungsprogramm, so dass lediglich die Qualität der Formulierung des Antrags aber nicht die des tatsächlichen Programms beurteilbar war. Die Off-Räume haben für die Antragsformulierung einen erheblichen Aufwand betreiben müssen, der ihre Arbeit in zeitlicher und programmatischer Hinsicht eher eingeschränkt hat. Die Mitglieder des Jurierungs-Workshops plädieren deswegen für eine pauschalisierte sowie formalisierte und insofern vereinfachte und transparente Mittelvergabe für die Basisförderung (100.000 €), während die Innovationsförderung (40.000 €) in einem selbstorganisierten Auswahlverfahren vergeben werden soll. Für die Basisförderung der off-Räume werden folgende Modalitäten vorgeschlagen:
Antragsberechtigt sind Kunsträume, die
- nachweislich seit. 1.4.07 existieren und arbeiten;
- in 2007 von der Kulturbehörde gefördert wurden, sofern sich seitdem nichts an ihrem Status geändert hat;
- keine kommerziellen Absichten verfolgen und die Fördersumme in einem gemeinnützigen Sinn verwenden wollen;
- für das Antragsjahr über keine Regelförderung verfügen;
- erklären, dass sie auch in 2008 ihre Arbeit fortsetzen wollen;
Nach diesen formalen Kriterien nimmt die Kulturbehörde eine Vorprüfung der Anträge vor. In strittigen Fällen stehen die Mitglieder des Jurierungs-Workhops der Kulturbehörde zur Rücksprache zur Verfügung. Die Höhe der Mittelzuwendung ergibt sich aus der für die Basisförderung zur Verfügung stehenden Summe aufgeteilt auf die Anzahl der antragsberechtigten off-Räume. Diese pauschalisierte Durchschnittssumme kann max. um 33% über- oder unterschritten werden.
100.000
________________________
22 Antragssteller +/- 33, 3%
Bemessungsgrundlage dafür ist die Anzahl der in 2006 tatsächlich durchgeführten Veranstaltungen eines Off-Raumes. Eine entsprechende Dreierstaffelung nimmt der Jurierungs-Workshop nach Sichtung der gestellten Anträge vor. Der Nachweis über die durchgeführten Veranstaltungen erfolgt auf der Basis der Abrechnungen mit der Kulturbehörde. Als Ersatz können aussagekräftige Dokumentationsunterlagen der jeweiligen Veranstaltungen dienen.
Innovationsförderung Vorbemerkung
Eine zentrale Auffassung der WorkshopteilnehmerInnen ist es, dass die gerechte Vergabe von Fördermitteln höchst problematisch ist. Unterschiedliche Vergabemodi sind immer auch politische und inhaltliche Formen, die bestimmte Produktionsweisen begünstigen, andere vernachlässigen und dritte gar nicht wahrnehmen. In vielen Vergabeverfahren wird diese Tatsache auf unterschiedlichste Weise verklärt, in dem zum Beispiel scheinbar unabhängige Jurys gebildet, ExpertInnen gekürt und Antragshürden aufgebaut werden. Insbesondere für die so genannte Off-Szene ist das Leiden, das sich hinter der Suche nach Finanzierungsmöglichkeiten verbirgt, allemal ein konstitutiv Inhaltliches: Bei aller Heterogenität definiert sich das Off in einem Anderssein, das die Grundlage dafür ist, staatliche Förderung in Anspruch zu nehmen und offen zu fordern. So ist die Förderung ein inhaltlicher Baustein, der ein bestimmtes – so unterschiedlich dies auch sein mag – Handeln ermöglicht und ermöglichen muss. Wenn im Bezug auf die so genannte Off-Szene immer wieder von Formen der Selbstorganisation die Rede ist, Selbstorganisation der zentrale Begriff des Ganzen zu sein scheint, so sollte sich die Förderung vielleicht gerade darauf beziehen: Arten der Selbstorganisation und Selbstverwaltung werden gefördert, um modellhaft – und prekär – Formen eines anderen gesellschaftlichen Miteinanders auszuprobieren, zu erfinden, zu entdecken oder zu zeigen. Der gesellschaftliche Nutzen liegt auf der Hand. Gerade weil in diesem Zusammenhang die Frage des Geldes von so immens politischer Bedeutung ist und – in unserer Auffassung – der öffentliche Diskurs auch immer der Leistungsort künstlerischen Handelns ist, halten wir es für notwendig die Verteilungsformen von Geld selbst zu einem offensiven Thema der Off-Orte zu machen und die Verteilung von Geld zu einer künstlerischen Formfrage zu machen und eben gerade dies auch explizit zu fördern.
Innovationsförderung
Über die Vergabe der BASISFÖRDERUNG hinaus, soll eine sog. INNOVATIONSFÖRDERUNG von € 40.000 vergeben werden. Mit dieser Förderung sollen Vergabeverfahren erarbeitet und durch eine unten erläuterte Selbstjurierung prämiert werden. Für die eingereichten Konzepten sind ein erster (5.000 Euro) und zwei (1.500 Euro) Anerkennungspreise ausgelobt. Eines der Konzepte wird dabei zur Realisierung vorgeschlagen und dafür mit einer Summe von 25.000 Euro ausgestattet – dies kann, aber muss nicht das Gewinner-Konzept sein.
Die Selbstjurierung der Konzepte
Mit dem Antrag auf Förderung benennen die jeweiligen Orte vier verantwortliche Personen. (Die entweder den Raum repräsentieren, ihm verbunden oder auf andere Weise für wichtig erachtet werden.) Diese Personen (im Weiteren: Poolgruppe) bilden den Pool für eine Jury, welche die eingereichten Konzepte beurteilt und bewertet. Dieser Meinungsbildungsprozess wird öffentlich veranstaltet. Zuvor wird mittels eines Losverfahrens jeweils eine Person pro Raum aus dem Pool gewählt, die an der Jury teilnimmt. Die Juryteilnahme wird pro Person mit 100 Euro abgegolten.
Konzept
Alle Mitglieder der Poolgruppe sind berechtigt und aufgerufen, sich mit Konzeptionen zur Vergabe von Geldmitteln an dem Wettbewerb um die Innovationsförderung zu beteiligen. (Dabei sind unterschiedlichste Konstellationen denkbar: Einzelpersonen, Gruppen, Räume, o.ä. können kooperieren und eine Konzeption erarbeiten.) Kern der Konzeption sollte es sein, einen Auswahl- bzw. Geldvergabemodus zu gestalten. Wie das aussehen kann, ist offen. Eine bestimmte Jurierungsform ist etwa als Briefwahl, als eine Revue, ein Preisausschreiben, eine kategoriale Bewertungsskala, ein thematisches Auswahlverfahren, ein gruppespezifisches Ausschlussverfahren oder was auch immer, denkbar. Wichtig und wünschenswert wäre allerdings, dass sich die Konzeption in irgendeiner Weise zu der Frage des Öffentlichen verhält: Wird die Vergabe sichtbar? Wo? In welchem Umfang? Wer ist die zu adressierende Öffentlichkeit? Bei allem utopischen Gehalt sollten die Konzeptionen realisierbar angelegt sein.
Jede eingereichte Konzeption wird 500 Euro honoriert. Aus den eingereichten Konzepten wählt die aus der Poolgruppe zusammengesetzte Konzeptjury in einem selbst gewählten Modus die Gewinner aus (s.o.) und schlägt ein Konzept zur Realisierung vor.
Realisierung
Die zur Realisierung vorgeschlagene Konzeption soll im Förderungsjahr umgesetzt werden. Wie dies gelingen kann, ob etwa externe Gelder zusätzlich eingeworben werden, das Realisierungsgeld vollständig oder gar nicht als Preis ausgelobt wird, wie die Verteilungssystematiken aussehen und alles andere bedarf weiterer Regelungen.
Beispiel:
Es bewerben sich 20 Räume. Diese nennen jeweils vier sogenannte RepräsentantInnen. Es entsteht somit eine Poolgruppe von 80 Personen. Daraus könnten sich 10 Gruppen bilden (bestehend aus insgesamt 25 Personen), die jeweils eine Konzeption einreichen und dafür 500 Euro erhalten (10 x 500 Euro = 5.000 Euro).
Aus der gesamten Poolgruppe wird eine Jury ausgelost - pro Raum ein Vertreter/eine Vertreterin, d.h. in diesem Fall 20 Personen. Die Teilnahme an der Jury wird mit einer Aufwandsentschädigung von 100 Euro abgegolten (20 x 100 Euro = 2.000 Euro). Die Jury einigt sich auf ein Bewertung und wählt eine Sieger-Konzeption (5.000 Euro) und zwei weitere Preise (je 1.500 Euro), eine – nicht zwingend eine der prämierten – wird zur Realisierung empfohlen (5.000 + 2 x 1.500 = 8.000). Die Konzeption, die zu Realisierung vorgeschlagen wird, erhält die von den 40.000 Euro übrig bleibenden 25.000 Euro, über die zur Realisierung des Konzeptes nach Kostenplan verfügt werden kann.
EpilogDieses Vorgehen versucht einer Gruppe von Menschen, bzw. einem sich als Szene verstehenden Zusammenhang finanziell einen Freiraum zu eröffnen, über konstitutive, politische und öffentliche Bedingungen nachzudenken und Modelle des Umgangs damit zu entwickeln. Dieser hier vorgelegte Vorschlag geht davon aus, dass die Auseinandersetzung mit diesen Themenfeldern notwendig ist, aber neben einer – wie auch immer gearteten – kulturellen Praxis bisher nur als Last begriffen wurde, weil die Auseinandersetzung als Vorleistung für den Erhalt von finanzieller Unterstützung unzumutbare Prekarisierungen verstärkte. Die Grundauffassung der WorkshopteilnehmerInnen ist es, dass die Stärke dieses Vorschlages insbesondere darin liegt, dass sich die sogenannte Off-Szene – auch finanziell - selbst beauftragt, Formen für die Kommunikation ihres politischen und kulturellen Selbstverständnisses zu erarbeiten und so nochmals ihre Unabhängigkeit und Bedeutung unterstreicht.
Zitat aus dem Artikel:
"Antragsberechtigt sind Kunsträume, die
- nachweislich seit. 1.4.07 existieren und arbeiten;..."
Das interessiert mich, als jemand der für das kommende Jahr möglicherweise einen neuen Raum betreiben wird (die Bewerbung dafür läuft noch). Bin ich dann nie wieder mehr antragsberechtigt, ausser für eine Innovationsförderung? Im Klartext würde ich diese Regelung so verstehen, dass nur noch die bis zum Stichtag bestehenden Projekte den Kuchen unter sich aufteilen. Sterben Projekte, gibt es mehr Geld für die verbleibenden, aber nie wieder laufendes Geld für die neuen, die dann nicht mehr in so grosser Zahl entstehen würden.
Ist das so?
lieber tom,
tut mir leid, wenn das so missverstaendlich formuliert ist. es bedeutet natuerlich, dass jederzeit neue raeume dazu kommen koennen und sollen, die aber bereits ca. 6 monate bevor sie einen antrag stellen koennen, aktivitaeten entwickelt haben muessen. nochmal im klartext: ein neuer raum, der noch keine veranstaltungen gemacht hat, kann keine programmfoerderung bekommen. dann erst im jahr darauf.
aber vorsicht: das ist nicht die verbindliche regelung der kb, sondern nur der VORSCHLAG des workshops. er wurde ja bisher nicht uebernommen!
lg, cornelia
Betr. Artikel "Jurierungsmodelle..." (Verf. unbekannt)
Als Teilnehmerin des Symposium 2006 und 2007 "Wir sind woanders", ist mir kein demokratisch gewähltes Gremium der Off-Orte bekannt.
Sehr wohl gibt es anscheinend Sympathisantenkreise, die sich selbstorganisiert der guten Sache und der leidigen Mittelvergabe annehmen.
Ich möchte hier Michael Lingner zitieren:
"Bei der Selbstverwaltung ist es wie bei der Hausverwaltung: Am meisten profitieren die Verwalter". ("Intern" - mail vom 30.10.)
mit freundlichen Grüssen, und vielen Fragezeichen
Giulia Follina - projekthaus
liebe giulia,
du schriebst:"Als Teilnehmerin des Symposium 2006 und 2007 "Wir sind woanders", ist mir kein demokratisch gewähltes Gremium der Off-Orte bekannt."
nach vielen jahren kulturpolitischer aktivitaeten in hamburg bin ich zu dem schluss gekommen, dass das doch genau das Problem ist, oder?
man glaubt duch schwammigkeit und ungreifbarkeit ueberlegn zu sein, in wahrheit fuehrt es nur dazu, dass machtverhaeltnisse verborgen bleiben und man jedes jahr mit allen ueberlegungen von vorne anfangen muss. kein wunder, dass nichts dabei herauskommt.