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20. November 2007

Ljubljana - Potemkin Village

Ein Besuch beim Festival Break 2. 4. von Ole Frahm

Ljubljana ist bekanntlich die Hauptstadt Sloweniens und hat kaum mehr Einwohner als die Hansestadt Lübeck. Wer des Nachts durch die Straßen der Innenstadt Ljubljanas spaziert, die in manchen Straßen von allenfalls zweistöckigen Häusern dominiert wird, könnte den Eindruck haben, es handele sich bei dieser Stadt um ein Dorf, das nun Hauptstadt spielt. Dies allerdings war kaum die ausschlaggebende Assoziation der Kuratorinnen Stephanie Benzaquen, Špela Zidar und Miha Colner des Festivals Break 2.4, die zu dem Thema Potemkin Village geführt hat. Sie interessierte vielmehr, wie durch Medien Potjomkinsche Dörfer entstehen und haben dafür im November über vierzig KünstlerInnen aus aller Welt eingeladen.

Break 2.4 zerstreute sich über die Stadt und war an manchen Tagen gar nicht so leicht aufzufinden. Der Künstler Ioannis Belimpasakis aus Griechenland beispielsweise besuchte das Stadtmuseum (www.mm-lj.si/), wo er seinen eigenen Film anschauen wollte. Doch er entdeckte ihn in dem verwinkelten Gebäude nicht. Auf Nachfragen wurde von dem Museumsangestellten erst telefoniert und ihm dann knapp beschieden, dass keine Auskunft möglich wäre. Tatsächlich hatte das Stadtmuseum etwas zu verbergen. Sie hatten eigenmächtig die Arbeiten des Festivals über das Wochenende weggesperrt, weil der polnische Botschafter sich das Museum anschauen wollte und das Museum sich durch die Einarbeitungen durch Break 2.4. nicht repräsentiert sah. Sie hatten die Kuratorinnen nicht informiert und zu Beginn der Woche die Arbeiten noch nicht wieder aufgestellt. Danach wurde Belimpasakis' Film über ein von der Welt abgeschnittenes Dorf auf Kreta in einem sehr schönen Kinosaal gezeigt, der zugleich der Vortragssaal des Museums ist. Filmthema - die Geschichte über die freie Liebe in diesem Dorf und dessen Mythos um einen Puppenkopf changiert zwischen Fiktion, Dokumentation und pseudowissenschaftlichem Experiment - und Filmraum gingen eine plausible Verbindung ein. Diese genaue Verbindung zeichnete alle Objekte im Museum aus, die offen gelassene Nischen besetzten und so das gelegentlich kitschige Design der Geschichte Sloweniens durch ihre potjomkinschen Geschichten kommentierten.


Neben einem Supermarkt, einer Performance-Reihe in dem Schaufenster eines Studenten-Cafés, sowie einer Ausstellung in dessen Computer-Keller hatten die Kuratorinnen in einem leerstehenden Haus „Potemkin's Palace" eingerichtet. Ein Einfamilienhaus, das nur durch einen Hinterhof zu betreten war und eine seltsam unheimliche Atmosphäre verbreitete, deren Ursprung sich nicht genau orten ließ. Lag es an dem baufälligen Schuppen im Hof? An der Verlassenheit der Gegend selbst? An dem dunklen Interieur? Den vielen Spiegeln? Oder an den dunklen Räumen, die BesucherInnen auf der Suche nach weiteren Werken öffneten, nur um verstaubte Spielsachen zu entdecken? Das Gefühl, das in diesem Haus ein Verbrechen stattgefunden hatte, wurde durch den mit weißen Kacheln gefließten Keller kaum vermindert.



In der Ausstellung dominierten Videoarbeiten. Manche beeindruckender, wie Rotem Balvas Parodie auf das Stereotyp, Frauen könnten nicht einparken, manche ein wenig zu durchschaubar, wie Zhenchen Lius Schanghai-Film, der die neue Skyline aus den Fenstern von Abrisshäusern filmt. Am überraschendsten waren vielleicht die Fotoarbeiten von Jože Spacal, Jahrgang 1939, einem nahezu vergessenen slowenischen Künstler, der lange Zeit Szenenbilder für Fernsehshows gebaut hat. Seine Fotos entsprachen dem Motto des Palastes - ‚Props and Scenery' - am präzisesten. Ob er Heizungen als Hochhäuser fotografierte oder für den Slowenischen Song-Contest 1973 eine Bühne aus Bierkisten baute, visuell waren seine Lösungen immer überraschend und fast zeitlos modern.



Innerhalb eines Mediums, das ja immer wieder zu ausgesprochen banaler Medienkritik anregt, hat er Szenerien aus dem Alltag der Zuschauer gezaubert, die das Kulissenhafte des Fernsehens selbst ausstellten. Die teilweise von anderen KünstlerInnen in dem Palast aufgebauten Kulissen verblassten vor der Einfachheit und Schönheit Spacals Arbeiten. Dass das Potemkinsche Dorf keine Lüge ist, sondern eine schöne Illusion, wurde sinnfällig. Diese Illusion wurde in der Ausstellung nicht zerstört, sondern ausgestellt - das heruntergekommene Haus diente als Kulisse. Und während anderswo gerne der White Cube kritisiert, aber dann doch mit farbigen Wänden reinszeniert wird, blieb die Ausstellung in Potemkins Palast roh und jenseits des White Cube. Sie hatte eher improvisierten Charakter, der durch nichts geschönt wurde. Interessanterweise wurde das Haus durch die Ausstellung zu keiner coolen Location, sondern behielt aufgrund des Improvisierten seine Unheimlichkeit bei. Die Improvisation wurde so zur konzeptionellen Volte und bildete keine Entschuldigung der Kuratorinnen für flüchtige Arbeit.

Ein solches Programm unter anderem durch ein Workshop über die Doppelrolle der Massenmedien zu ergänzen, in dem beispielsweise George Weiss mit seinen Radio-Programmen gegen Massenmorde (www.labenevolencija.org) zu hören war, erinnerte an den noch immer aktuellen Anspruch, Kunst und Politik, Illusion und Gesellschaft nicht getrennt zu halten. Dafür standen viele der Arbeiten und KünstlerInnen ein - und insofern stellte Break 2.4 nicht nur eine Illusion zur Schau, sondern bildete doch eine kleine Unterbrechung in dem gemächlichen Alltag der Hauptstadt Sloweniens.

Weitere Informationen: http://www.break-festival.org/

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