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14. Oktober 2007

Wo ist anders

von Katrin Jäger

Bis zum 28.10.2007 läuft das zweite European Art Festival „wir sind woanders“ in Hamburg. Das vollständige Programm steht im Internet unter www.wirsindwoanders.deKunst mit Mayo, bitteEin Imbisswagen steht in der Mönckebergstraße, mitten in der Hamburger Innenstadt. Nichts Ungewöhnliches auf den ersten Blick. Doch wo sonst die Bratwürste brutzeln und die Friteuse zischt, hat Katharina Kohl Bilder und kleine Installationen ausgestellt. Der Wagen lockt Menschen, die sonst nicht viel mit Kunst am Hut haben. Das freut die Imbissbesitzerin. „Wir bieten ambulante Kunstversorgung. Wer hier etwas kauft, bekommt ein Zertifikat, dass sie sich vom Imbissbesucher zum Kunstsammler gewandelt haben. Die meisten sind total stolz, fast ein bisschen ängstlich, aber irgendwie auch richtig glücklich.“ Geld macht Katharina Kohl mit ihrem Wagen nicht. Will sie auch nicht, dafür hat sie andere Projekte. An den Kunstimbiss legt sie andere Kriterien an. Hier dürften nur Leute ausstellen, „die es geschafft haben, bei sich zu bleiben, bei dem, was sie interessiert.“ Katharina Kohl beschickt das zweite european art festival in Hamburg, das noch bis zum 28.10. läuft. Es heißt „wir sind woanders“, der Name ist Programm. Die MacherInnen von rund 25 nicht kommerziellen Ausstellungsräumen laden Gäste aus dem europäischen Ausland ein, die ähnlich arbeiten wie sie selbst. Die Gäste stellen ihre Konzepte vor und die Arbeitsbedingungen, unter denen sie tätig sind. Wortwörtlich nimmt das Jacek Niegoda aus Danzig, Gast der „projektgruppe“, die ihrerseits wiederum im „Westwerk“ auf der Fleetinsel einen kleinen, dafür aber sehr hanseatisch feinen Ausstellungsraum betreibt. Jacek Niegoda hat dort sein Heft mit Arbeitsschutzregelungen für die künstlerische Tätigkeit im Danziger Hafengebiet vorgestellt. Er befasst sich mit den Gefahrenpotenzialen, die in der in seinen Augen unprofitablen, industriellen Produktion im Brachland lauern. Er bietet „einen Gesundheits- und Sicherheits-Check für diejenigen, die im Rahmen europäischer Kulturprogramme und unter den Perspektiven europäischer Zusammenarbeit städtischen Raum für neue Zwecke umstrukturieren“, angelehnt an die klassischen Arbeitsschutzmaßnahmen für Bauarbeiter. Die Frage ist also beispielsweise, worauf man achten muss, wenn man eine Fläche mit einem Schild „betreten verboten“ betritt, damit man möglichst keinen rechtlichen und physischen Schaden erleidet.
Mit Sicherheit verbotenDie KulturaktivistInnen von „Right to the City“ kritisieren mit ihren Aktionen die Errichtung von Konsumtempeln und protzigen Einrichtungen in Zagreb, die zu hohen Mieten führt, so dass die ärmeren Menschen aus diesen Quartieren weichen müssen. Dasselbe Phänomen, so Monika Wucher von der „projektgruppe“, gehe in Hamburg vor sich: Begonnen habe es auf der Fleetinsel, in den 1980er Jahren eine öde Brachfläche mitten in der Hamburger City. Dort haben sich damals junge KünstlerInnen preiswert im maroden „Westwerk“ eingemietet. Aus der ehemaligen Garage der Deutschen Bank im Erdgeschoss haben sie den Ausstellungsraum gemacht, den die Mietergemeinschaft bis heute betreibt. Durch diesen Raum hat das Quartier an Attraktivität gewonnen. Baulöwen haben investiert, Hochglanzgalerien, das Steigenbergerhotel und schicke Restaurants sind auf der Fleetinsel entstanden. Mit dem Anstieg der Mieten wechselte die Klientel in den umliegenden Wohnhäusern. Ähnlich ist der Prozess in Ottensen verlaufen, hat dann ins Schanzenviertel übergegriffen und ist jetzt in die Hafencity gedrungen. Die Ateliergemeinschaft von Skam e.V., am Ende der Reeperbahn, in dem ehemaligen Bowlingscenter gegenüber dem Operettenhaus, muss jeden Tag damit rechnen, dass ihr Gebäude und damit ihre Produktionsstätten abgerissen werden. „Seit fünfzehn Jahren arbeiten wir unter diesen Bedingungen“, sagt Dodo Adden von Skam e.V. „Das Tolle ist, dass die Leute sich nicht davon abschrecken lassen. Wir nutzen das hier immer noch als Labor, um zu experimentieren und die künstlerische Freiheit auszuleben. Unter absurden Bedingungen: Es regnet rein, im Winter ist es lausig kalt.“
Frieren für die freie KunstIm Rahmen von „wir sind woanders“ beschäftigt sich bei Skam e.V. Ben Howe aus Melbourne mit den „wunden Punkten“ in Hamburg, denjenigen Flächen, die sich in der Grauzone zwischen Abriss und Neuaufbau befinden, zwischen der Zerstörung alter Wohnstrukturen und dem Beginn neuer Formen des zusammen Lebens und Arbeitens, wie es bei der Gruppe B 22 der Fall ist. Die künstlerische Wohn- und Arbeitsgemeinschaft weiß, dass ihre Gebäude in der Bernstorffstraße 22 bald abgerissen werden. Die Menschen aus den Behörden dulden sie so lange als Zwischennutzer, bis sich Investoren finden, die der Stadt das Bauland für eine lohnende Summe abkaufen. Mit derartigen Praktiken nicht zufrieden geben sich die Betreiber vom KuBaSta, einem weiteren Projekt von „wir sind woanders“. KuBaSta heißt „Raum für Kunst, Bauen und Stadtentwicklung“. Im Gegensatz zu den Stadtplanern versuchen die Stadtentwickler die Bewohner mit ihren unterschiedlichen Bedürfnissen in die geplanten Baumaßnahmen mit einzubeziehen, erklärt Rolf Kellner vom KuBaSta. „Alte, Kinder, Kranke, Obdachlose, die sind anders als Dienstleistungsmenschen, die den öffentlichen Raum vielleicht nur als Transitraum wahrnehmen. Und das ist sehr wichtig.“ Wie alle AkteurInnen von „wir sind woanders“ betreibt der Architekt den Ausstellungsraum, eine alte Wäscherei in der Hamburger Münzburg, in der Repsoldstraße hinter dem Hauptbahnhof, nicht kommerziell. Das war, neben der kritischen Haltung und dem Bedürfnis nach sozialer Vernetzung sowie zwischenmenschlichem Dialog die Bedingung für die Festivalteilnahme. Quotenzwang wie in den Museen oder Profit wie in den kommerziellen Galerien spielt in diesen freien Ausstellungsräumen keine Rolle. Die Festivalorganisatorin Móka Farkas hält diese Orte deshalb für die Garanten der freien Kunstproduktion.
Am Grund der wunden Punkte„Wir sehen es als unsere Aufgabe an, kulturelle Grundlagenforschung zu betreiben. Dadurch, dass man niemandem entsprechen muss und finanziell nicht gebunden ist, bleibt viel Raum für das Experiment und viel Raum für freie Gedanken.“ Die Förderung der Hamburger Kulturbehörde für die freien Kunsträume sei allerdings verschwindend gering im Vergleich beispielsweise zum Prestigeprojekt Hafencity. Die Summe werde nicht erhöht, obwohl in den letzten Jahren die Zahl der Künstlerhäuser von ehemals vier auf nun über zwanzig gestiegen ist. Sie teilen den Förderkuchen unter sich auf, die renommierten Projekte wie das Künstlerhaus FRISE oder das Westwerk bekommen dementsprechend weniger als früher. Statt in Konkurrenz zu treten und sich möglicherweise dadurch die Existenz gegenseitig schwer zu machen, haben sie sich dazu entschlossen, sich zu vernetzen. Aus diesem Impuls entstand im vergangenen Jahr das erste gemeinsame Festival „wir sind woanders“. „Wir lassen uns unsere Freiheit nicht nehmen“, sagt dessen Leiterin Móka Farkas. In diesem Jahr finanziert weitestgehend ein anonymer Sponsor die Veranstaltung.

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