Hamburger Schimmelmuseum wird abgerissen
Der Standard, Wien, 04.02.2004
Hamburg – Das Hamburger "Schimmelmuseum" des Schweizer Künstlers Dieter Roth wird abgerissen. Wie der Leiter des Hauses voller verderblicher Installationen, Dirk Dobke, am Donnerstag bestätigte, seien die Werke bereits verpackt. "Es gibt Ärger mit den Nachbarn, die das Übergreifen von Keimen befürchten und geklagt haben", sagt Dobke. In den nächsten Tagen werde noch versucht, die von Roth als Bilder gekennzeichneten Wände des verfallenden Hauses zu retten. In einem Neubau sollen die Werke wieder aufgebaut werden.
Der 1998 im Alter von 68 Jahren gestorbene Roth hatte seit 1990 in dem Haus im Stadtteil Harvestehude mehrere hundert verderbliche Kunstwerke – vornehmlich aus Schokolade und Käse – installiert. Seine Objekte sollten einem natürlichen Alterungs- und Verfallsprozess unterliegen. Das Haus hatte ein privater Sammler und Freund zur Verfügung gestellt. Roth arbeitete bis zu seinem Tod an den Installationen, die auf zwei Etagen sein Konzept vergänglicher Kunst aus den Jahren 1961 bis 1971 demonstrieren sollten.
"Es stinkt, der Boden ist klebrig, und es gibt viele Tierchen"
In den vergangenen Jahren war das "Schimmelmuseum" zu einem Pilgerort für Roth-Fans aus der ganzen Welt geworden. Besucher durften jedoch nur auf Anfrage in das von einer Hecke umgebene Haus. "Die Installationen sind mittlerweile ziemlich vergammelt, es stinkt, der Boden ost klebrig, und es gibt viele Tierchen", sagt Dirk Dobke. Er bedauert den Abriss:"Im Grunde wird damit ein Gesamtkunstwerk zerstört. Aber wir retten, was zu retten ist."
Auch eine private Künstlerinitiative kritisiert die Zerstörung das Original-Kunstwerks: "Wer meint, einzelne Schimmelobjekte in einem klimatisierten Neubau hätten etwas mit Roths Idee zu tun, hat das Grundanliegen des Künstlers gründlich missverstanden", sagt Cornelia Solfrank von der Initiative.