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Kommentar [1]
4. Juli 2007

HfbK - Jahresausstellung 2007

Von Sebastian Burdach

Erst nachmittags fällt mir ein, dass heute ja die Jahresausstellung eröffnet werden wird, oder boykottiert, jedenfalls wollte ich ja unbedingt hin, und mir das ansehen. Wie immer komme ich zu spät, und verpasse die Ansprache. Ich bin auf die Berichte von Leuten angewiesen, die schon länger da sind:



„Köttering hat die Ansprache gehalten, und über die ganze Situation geredet, und dann gabs noch so verschiedene Protest-Aktionen, mit so Papierfliegern und Rauchbomben“

„Die Ansprache fand draussen vor der Schule statt, und dann sollte Köttering vor der Ansprache als Aktion so ein Transparent zerschneiden, wo ‚500 Euro Eintritt’ draufstand. Es gab auch ein Kamerateam, aber das war dann gerade nicht vor Ort, als Köttering das Transparent zerschnitten hat. Dann hat er das Transparent später extra für das Kamerateam noch mal zerschnitten.“


„Er hatte so ein Pult, von dem aus er die Ansprache hielt. Nachdem er die Ansprache gehalten hat, explodierte dann das Pult, also so eine orangene Rauchbombe im Pult explodierte“



Ich bin gespannt, wie das mit Ausstellen oder Boykottieren gelöst wurde. Ich kenne nur die Berichte über die entsprechende Vollversammlung. Allgemein scheinen mir die Studenten viel politisierter zu sein als vor 5 Jahren, als wir mal Aktionen gegen Reformen wie die geplante Umstrukturierung oder Auslagerung des Filmbereichs aus der Kunsthochschule machten.

Es hängen vor der Akademie und im Eingang überall weisse Schirme, und Texte: Transparente und Plakate, gedruckt und handgeschrieben. Das mit den Texten war zwar eigentlich bei jeder Jahresausstellungseröffnung so, solange ich mich erinnern kann, inklusive dem zugehörigen expressiven Alarmismus-Gestus, aber dieses Mal ist es doch anders, es wirkt heute nämlich tatsächlich so, als ob auf den Plakaten Dinge und Fragen stehen, die die Mehrzahl der Studierenden tatsächlich gerade bewegen. Der Protest ist nicht mehr Sache einer bestimmten Gruppe, zu der man sich dann verhält oder auch nicht, sondern von vielen Leuten mit unterschiedlichsten Hintergründen. Im Gespräch erzählen dann Freunde mal eben beiläufig, dass sie ja auch boykottieren. 

Die massenhafte individuelle Zustimmung und praktische Teilnahme an dem Boykott inklusive des Inkaufnehmens der Risiken hat für mich eine neue Qualität. Als Boykottierende bekommen die Studierenden gerade ein Medienecho von Deutschlandfunk bis SZ. In dem Moment aber, in dem sie wirklich exmatrikuliert würden, wären sie ja wieder vereinzelte Individuen, Ex-Studenten, zusammengehalten nur noch durch individuelle soziale Beziehungen zueinander und eine gemeinsame Vergangenheit, aber nicht mehr gemeinsam vertreten durch eine legale Institution oder Organisation wie HfbK oder Asta. Und so schnell, wie sich Massenmedien auf eine Sache fokussieren können, blenden sie eben auch wieder weg.

Erste Kommentare zur Ausstellung, die ich höre: „Alles glatter“, „weniger Experimente, eher alles so bischen auf Galerie getrimmt“. Es gibt also was zu sehen. Auf dem Weg zur Ausstellung hatte ich mir gedacht, dass es nicht geht, da auszustellen, und ich es nicht gemacht hätte. Ich dachte an Streiks und Streikbrecher, und dann an Karrierezwänge. Als ich dann durch die Gänge gehe, finde ich es aber ganz gut gelöst: Es sind viele Räume geöffnet, es gibt, sehr grob geschätzt, vielleicht ein Viertel bis Drittel weniger zu sehen als sonst? In den Räumen sind die Arbeiten ganz normal ausgestellt, aber es gibt dazu auch verschiedene individuelle Interventionen: In einem Raum ist eine Nebelmaschine in Betrieb, und der Nebel ist so dicht, dass man die Bilder und Installationen kaum mehr erkennt.

In einem anderen Raum bewegt sich ständig ein horizontal rotierendes Deckenlicht und stört die Betrachtung, es ist subtil, man weiß nicht wirklich, ob es so gedacht ist, im ganzen Kontext wirkt es aber so, als gehöre auch das zum Protest dazu. Überall kleine feine Verweigerungsgesten. Bei ganz vielen Arbeiten klebt neben der Arbeit oder neben dem Namensschild der „Exmatrikuliert“-Aufkleber, den sehr viele Besucher und Kunststudenten auch auf ihre Kleidung geklebt haben wie einen Button. So sieht man, was weg wäre, es ist sehr einfach und sehr wirkungsvoll und grausam. Falls noch jemand glaubte, die politisierenden Studenten seien die, bei denen es mit der Kunst nicht so klappt, wird er rasch eines Besseren belehrt.



Eine Videoarbeit auf dem Gang ist mit vielen Exemplaren des Mahnschreibens gerahmt, das die Boykottierenden erhielten, und in dem sie bis zum 9. Juli unter Androhung der Exmatrikulation endgültig zur Zahlung aufgefordert werden. Sie kleben davor auch unten auf dem Boden. Ein Raum, ich glaube von Design-Studenten, dokumentiert mit Tabellen, Kalendern, Kontoauszügen und Schriftwechseln mit Studentenkreditorganisationen einfach nur nüchtern die individuellen Auswirkungen der Gebühren auf das Leben der einzelnen Studenten, wie ein Beweis: es geht nicht. Ich bin dann irgendwann richtig irritiert, als in einem Raum wieder alles ganz normal ist, auch keine Aufkleber, nur eben Bilder und Objekte, wie sonst.  


Fotos: Sebastian Burdach

Kommentar [1]
Ute Klapschuweit schrieb am 08.10.2007 17:48

Ich hatte den Herrn Köttering als sehr angenehmen freundlichen Menschen erlebt. Schade daß er nun keine Form zu finden scheint mit den Studenten in einen positiven Dialog zu kommen. An der Exmatrikulation ist er ja eigentlich nicht wirklich schuld. Trotzdem ist er jetzt am Pranger. Schade. Die Stadt muß jetzt wohl mal ein Machtwort sprechen.
Wünschenswert wäre ja, wenn diese Exmatrikulationen noch mal zurückgenommen werden könnten...schwierig schwierig..
Gruß, Ute Klapschuweit

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